Auf der Sonnenseite des Lebens
An diesem Wochenende waren wir auf der Sonnenseite des Lebens. Natürlich nur im übertragenem Sinne, denn von der Sonne direkt haben wir nicht ganz so viel gesehen.
Aber mal ganz von Anfang an: Angereist sind wir wie immer am Freitagvormittag. Je eher man nämlich da ist, desto besser der Platz im Fahrerlager. Damit fing die glückliche Fügung schon an: Hatten wir doch einen Platz direkt an der Strecke. Das ist von großer Wichtigkeit, denn dann kann die „Zeitnahmecrew“ ohne große Mühe und direkt vom Wohngefährt die Zeit stoppen und somit kontrollieren, ob die Runde reibungslos verlaufen ist und der nächste Fahrer pünktlich starten kann. Außerdem ist es für den aktuell auf der Strecke befindlichen Fahrer und den „Rest“ der Leute schön, wenn man den direkten Kontakt hat. Man kann sich mal eben etwas zurufen oder den Fahrer anfeuern - oder auch schnell die überflüssig gewordene Brille loswerden.
Wir sind also am Freitag angekommen. Im trockenen haben wir unser Wohngefährt platziert, das Zelt aufgebaut - halt eben alles soweit ausgepackt. Kaum das wir fertig waren, fing es an zu regnen. Eigentlich müssen wir noch die Strecke abfahren, aber im Regen ist das ja nicht wirklich schön. Später am Nachmittag sollte das dann aber doch noch klappen - ohne Regen!
Noch später hat es natürlich wieder geschüttet...
Samstagfrüh so gegen 5 Uhr ist Sonja durch Regengepladder wach geworden. Alles grau in grau. Der Gedanke, dass das Rennen abgesagt werden könnte aufgrund des Wetters war nahe liegend. Tatsächlich wurde aber „nur“ die Streckenführung geringfügig verändert. Na, dann müssen wir wohl doch 'ran! Am Vormittag hörte es auf zu regnen. Erste Hoffnung keimte auf. Kurz vor dem Start um 13 Uhr klarte es immer mehr auf und - man höre und staune - es wurde heller und es waren sogar einige wenige Sonnenstrahlen zu erkennen.
Samstag, 13 Uhr: unser Starter Armin macht sich auf den Weg. Guter Start und guter erster Turn. Dann - in bewährter Reihenfolge - Sonja, Björn und Peter. Alles lief soweit reibungslos. Hin und wieder wurde der Himmel dunkler, bange Blicke nach oben, der Himmel wurde wieder heller, entspanntes Aufatmen. So ging das ständig hin und her - und ob Ihr's glaubt oder nicht, es war sage und schreibe 24 Stunden lang trocken. In der Nacht fielen ganz kurz mal ein paar magere Tröpfchen. Kann man soviel Glück haben? Es war schließlich ziemlich frisch draußen, feuchtkalt, wenn man dann noch jedes Mal von oben nass wird, ist das alles andere als lustig.
Irgendwann lagen wir auf dem 4. Platz. Da müssen wir Gas geben, schließlich war ein Podestplatz anvisiert. Alle haben das letzte aus sich rausgeholt, aber der Abstand zum vermeintlich 3. wurde irgendwie nicht weniger. Peter hat im letzten Turn fast tot über dem Lenker gehangen, Björn musste dann noch den Endspurt fahren - Anschlag wohlgemerkt!
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Sonntag, 13 Uhr, Zieldurchfahrt: Unserer Einschätzung nach lagen wir immer noch auf dem 4. Platz. Neue Zeitenlisten wurden nicht mehr ausgehängt und wir wollten so langsam anfangen, unser Geraffel zusammenzupacken. Plötzlich kam Armin an und meinte, wir hätten die falsche Startnummer „verfolgt“ und es wäre vielleicht ganz gut, wenn wir zur Siegerehrung gehen, es könnte schließlich sein, dass wir doch noch den 3. Platz gemacht haben. Wir also alle zur Siegerehrung. Als das drittplazierte Team aufgerufen wurde, haben wir uns schon gedanklich mit dem Blechpokal angefreundet…“und der zweite Platz geht an das Team Excelsior-Racing“… Juuuuhhhhhuuuu!!!! Damit hatte keiner gerechnet. Erst haben wir noch verzweifelt um den 3. gekämpft und nun sind wir plötzlich auf dem 2. - Mann, das war vielleicht eine Überraschung!
Kaum waren wir - wohlgemerkt im Sonnenschein - fertig mit der Siegerehrung, fing es prompt an zu hageln. Den Schauer haben wir abgewartet und dann zusammengepackt. Wie gesagt, an diesem Wochenende meinte es das Glück gut mit uns.
An dieser Stelle vielen Dank an unsere Helfer/innen: Martina, die unermüdlich Zeiten gestoppt hat und den nächsten Fahrer rechtzeitig in die Wechselzone geschickt hat. Börnie, der uns mit heißem Tee und Kaffee versorgt hat. Und natürlich unsere Physiotherapeutin Lena, die uns mit dem Triggerstab gequält hat, damit wir schnelle Beine kriegen.
Bericht von Armin:
Wenn man Rennen fährt, ist man mitunter einiges gewöhnt. Finden diese im August statt, ist man geneigt, diesen locker entgegen zu sehen. Zumindest, was das Wetter anbelangt.
Doch nicht in diesem Jahr. War es vor zwei Wochen noch fast 40 Grad heiß, verwöhnte uns der Sommer darauf mit Regen und angenehmer Kühle. Die Wetterprognosen waren, sagen wir mal, bescheiden.
Meine drei Mitstreiter Sonja, Peter und Björn hatten glücklicherweise noch den Mannschaftsbus des Händlers ihres Vertrauens in die Finger bekommen und somit eine trockene Heimstätte sicher. Den weiteren Part sollte ein betagtes, aber durchhaltestarkes Hauszelt übernehmen.
In einer Nacht- und Nebelaktion wurde alles zusammengepackt, geladen und am Freitag gegen Mittag waren die drei in Duisburg angekommen. Gerade aufgebaut, folgte schon die erste Bewährungsprobe: Wolkenbruch!
Fazit: Bestanden!
Als die drei gerade zur Streckenbesichtigung losrollen wollten, trudelte ich ein, etwas schockiert von dem ganzen Modder auf dem Platz. Nicht schon wieder ein Rennen im Sumpf, dachte ich mir. Aber nicht verzagen, auspacken und häuslich einrichten war angesagt. Es folgten noch ein paar Diskussionen über Sinn und Unsinn der Transponderregelung oder des neuen Streckenverlaufs. Und das Wetter wurde als größter Gegner ausgemacht.
Die Nacht war feucht und kühl, gegen morgen schiffte es wie aus Kübeln. Keine guten Voraussetzungen für ein angenehmes Rennen! Morgens ging dann die Suche nach den versprochenen sanitären Einrichtungen los. Es sollte ja alles besser werden, wurde uns letztes Jahr bescheinigt. Da war aber wieder mal der Wunsch Vater des Gedanken! Zwölf Brillen für ca. 1100 Teilnehmer sind schon recht knapp kalkuliert. Von den Duschen kann ich nichts berichten, denn diese habe ich nicht besucht - Dreck hält warm ;-)
Björn und ich waren auf der Fahrerbesprechung, um uns die üblichen Ausreden und Entschuldigungen anzuhören. Echt interessant, warum der Veranstalter sogar noch Applaus dafür bekommt, dass er nicht alles geschafft hat. Müssen wohl viele Frischlinge dabei gewesen sein. Da außer der Transpondergeschichte nichts Neues zu vermelden war, erwies sich diese Besprechung als ziemlich unspektakulär.
Nun war es kurz vor 11 Uhr und ich konnte auch einmal die Strecke besichtigen. Im Großen und Ganzen entsprach sie der Strecke von 2005. Im Bereich der Katakomben wurde sie entschärft, denn dort herrschte Hochwasser. Der Start befand sich diesmal auf der anderen Seite des Rinnsals. Nach dem Start ging es auf den Radweg, ziemlich flach und einfach bis zur ersten Schlüsselstelle, der Steilabfahrt. Am Tag zuvor noch eine Rinne, war diese morgens noch einmal bearbeitet worden. Der Rest war wie gehabt und ziemlich unspektakulär, dachten wir.
Ich hatte auf jeden Fall noch genug Zeit, mich auf den Start zu freuen!
Natürlich war ich mal wieder viel zu spät dran und erst gegen 12:30 in der Startaufstellung. Distanz bis zur Linie ca. 20 m. Das nächste Mal werde ich mein Zelt auf der Linie aufschlagen! Hallo, 35 Minuten vorher da und so weit hinten? Sollte mal jemand drüber nachdenken! Aber was soll’s, so ein Rennen entscheidet sich nicht in der ersten Stunde.
Die Einzelkämpfer wurden um 13 Uhr losgelassen, der Rest fünf Minuten später. War wie immer die gleiche Hektik und das gleiche Rangeln um Positionen. Nach nur drei Minuten kam es zur ersten Pause: Stau an der Steilabfahrt! Auf einen nur handtuchbreiten Pfad passen nun mal keine drei Leute. Andere wollten das Gegenteil beweisen und stürzten sich hinein. Das niemand zu Schaden kam, war schon bemerkenswert. Als ich nach zwei Minuten an der Reihe war, muss die Spitze schon auf der anderen Straßenseite gewesen sein. Aber es ging ja vielen so wie mir, also nicht verzagen. Galerie und Treppe waren weitere Stauherde, und das nicht nur in der Startphase. Nach fast sieben Minuten kam ich das erste Mal an unserem Lagerplatz vorbei, danach ging es in das Innere des Stahlwerkes und dann über eine kleine Treppe abwärts auf die andere Straßenseite. Diese kleine Treppe wurde 2004 und 2005 durch eine Rampe entschärft. Dieses Jahr sollte sie in ihrer ganzen Schönheit gefahren werden, wenn auch nicht sehr lange, wie sich später zeigen sollte.
Der folgende Abschnitt war ziemlich unspektakulär: der Anstieg nicht zu steil, die nächste Bodenwelle nicht zu schotterig, der Trail breiter als erwartet.
Erst wieder auf der hiesigen Straßenseite zeigte sich das fiese Gesicht der Strecke: der Anstieg zum höchsten Punkt und der kurze Gegenanstieg zum Wendehammer. Letzterer war so weich, dass zu keiner Zeit ein Rollgefühl aufkommen wollte!
Ein kurzer Trail, ein wenig Asphalt, und schon war man wieder im Ziel.
Das war sie also, die Runde die uns 24 Stunden auf Trab halten sollte. Um eines vorweg zu nehmen, sie hat es auch geschafft!
Nach kurzer Zeit waren alle Schlüsselstellen klar: Steilabfahrt, Galerie, lange Treppe und kurze Treppe. Gerade letztere erwies sich als tückisch. Ein Kollege ist auf dieser Treppe derart zu Sturz gekommen, dass er blutüberströmt auf der Strasse zum Liegen kam (von dieser Seite gute Besserung!). Musste ganz links außen vorbei, um die Sanitäter nicht zu gefährden. Eine Runde später wurde aus der Treppe eine Fußgängerzone (wo sich später selbst zu Fuß jemand überschlagen hat). Leider hielten sich nicht alle daran.
Die Wechsel liefen wie immer reibungslos. Probleme bereiteten uns nur die Sensorschleifen zur Erfassung des Transponders. Wie soll man erkennen, ob man nun gezählt wurde oder nicht, wenn es am Ziel so laut ist? Oder was passiert, wenn zwei gleichzeitig erkannt werden wollen? Wir mussten einige Male zurück und nachstempeln. Dies kann doch nicht im Sinne eines Rennens sein. Nach meiner Rechnung fehlen uns auch zwei Runden!
Die ersten Runden liefen gut. Als ich von meinem ersten Turn zurückkam, saß unsere erste Betreuerin schon an ihrem Platz: Martina. Somit sollten wir zumindest nicht die Probleme bekommen wie 2005 in München, als wir keinen Betreuer auftreiben konnten.
Auch Sonja, Björn und Peter absolvierten ihre ersten Runden reibungslos. Nur eine abgesprungene Kette machte Sonja kurzfristig nervös. Abends trafen dann noch Bernd und Volker ein und die Helfertruppe war damit komplett.
Eines vorweg, mit unseren drei Betreuern hatten wir Spaß wie nie bei einem 24h-Rennen!
Die Nacht kam, es wurde kälter und der Spaß weniger. Unsere üblichen drei Runden pro Turn verlängerten wir einmal auf vier, um die Nacht schneller zu überbrücken und die Ruhephasen zu verlängern. Im Nachhinein betrachtet eine gute Strategie. Gegen Morgen wurde es saukalt. Der Himmel war sternenklar und Bodennebel machte sich breit. Dachte auch, den Hund von Blackwood Castle gehört zu haben ;-) Zudem machte sich die Erschöpfung nun auch richtig bemerkbar, sowohl körperlich wie auch geistig. Und der Magen rebellierte ebenfalls gegen jede Nahrungsaufnahme und quittierte jeden Versuch mit einem Toilettengang. Immerhin waren die sauber!
Es ist bemerkenswert, wie manche Leute ihr Tempo halten können. Bei Peter denke ich immer an Höllentour. Als dort Rolf Aldag seine Krise hatte, baute ihn Erik Zabel mit den Worten auf: „Du fährst wie ein Moped!“ Und so fuhr Peter auch, gleichmäßig und sauschnell. Björn stand dem nicht viel nach. Sein erstes 24h-Rennen absolvierte er mit Bravour. Sonja war wie immer eine der absolut schnellsten Frauen im Feld. Wäre Hanka Kupfernagel nicht gewesen... ;-)
Die letzten Runden kamen und es wurde richtig heiß: ich fuhr mir noch schnell einen Hungerast, Sonja versägte alles was kam, Peter fuhr als wäre der Leibhaftige hinter ihm her und Björn fuhr uns auf den unerwarteten zweiten Platz. Hätte ich nicht die Vorahnung gehabt, wir könnten vielleicht Dritter geworden sein, wären wir erst gar nicht zur Siegerehrung gegangen, denn vier Stunden vor Schluss waren wir noch auf vier oder fünf. Desto schöner war jedoch der Erfolg, weil eben unerwartet.
Da standen wir nun auf der Bühne, total überrascht und ein wenig perplex als Zweiter. Unser Ziel hatten wir also erreicht, das Treppchen.
Aber es war hart, sehr hart sogar. Die Konkurrenz wird jedes Jahr stärker. Und selbst ich sehe gegen die turboschnellen Leute schon wie ein Tattergreis aus ;-) Manche von denen sind höchstens halb so alt wie meine Mitstreiter.
Aber das ist ja der Reiz: auch im gereiften Alter (da nehme ich mich mal raus) kann man der Jugend noch zeigen, wo Bartel den Most holt.
Unser Dank gebührt vor allem unseren Helfern! Martina, der perfekten Zeitnehmerin; Bernd, der immer gute Laune verbreitet hat und Volker, der immer die Gegner im Auge hatte. Was soll bei so einem Team passieren? Vielen Dank!
Duisburg ist nun vorbei, die möglicherweise angeschlagene Gesundheit wird wieder repariert und München wirft schon seine Schatten. Wollen wir hoffen, dass es dort nicht so feucht und kalt sein wird wie in Duisburg. Zumindest die Zeitnahme und die sanitären Einrichtungen werden auf einem höheren Niveau sein, das ist sicher. Und ein bisschen Komfort kann ja bekanntlich Wunder bewirken.
Vielen Dank noch mal an meine Mitstreiter und Betreuer und viel Glück für München!
Björn:
Eigentlich ist alles bereits geschrieben, aber den ein oder anderen Eindruck möchte ich auch noch loswerden. Faszinierend fand ich, dass die Stellen der Strecke, die ich bei der Besichtigung noch als kribbelig empfand, sich im Rennen als völlig harmlos herausgestellt haben (warum die kleine Treppe nicht gefahren werden durfte, wird wohl das Geheimnis des Veranstalters bleiben). Geärgert habe ich mich über das für diese Art von Rennen völlig ungeeignete Zeitnahmesystem - einmal habe ich den Transponder beim Wechsel nicht richtig zu fassen bekommen und musste zurück und ihn aufheben, bestimmt dreimal musste ich zurück und "richtig" auslösen. Schwierig fand ich es, Nachts schlotternd vor Kälte in der Wechselzone zu stehen - zu viel anziehen war auch nicht gut, weil man sonst auf der Strecke im eigenen Saft ertrunken wäre. Gefreut hat mich, dass alles völlig reibungslos geklappt hat, auch Dank der Hilfe durch Martina, Börnie und Volker.
Insgesamt ein absolut positives Erlebnis - natürlich auch, weil wir uns so gut geschlagen haben ;-)
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